Vitromusée Romont
Krug

Krug

Saint-Prex, Verreries de Saint-Prex, 1935–1964
Grünes Glas
H 18 cm
Vitromusée Romont, VO 45

Dieser Krug «für Wein- und Likörservice» wird 1935 im ersten Verkaufskatalog des neuen künstlerischen Produktionszweiges der Verreries de Saint-Prex (1928–1964) abgebildet. Die grosse Anzahl der heute noch erhaltenen Exemplare deutet auf die Beliebtheit des Modells hin. In zwei Grössen erhältlich bot der Krug zudem eine breite Auswahl an verschiedenen Ausführungen. Das Vitromusée Romont besitzt sieben Exemplare: Vom grünen, über Silber und Gold Craquelé, bis hin zu schwarz oder rot-schwarz emailliertem Glas. Dank des kleinen Abstands zwischen Fuss und kugelförmigem Körper wird die perfekt geformte Sphäre ganzheitlich wahrgenommen.

Das goldene Etikett diente seit 1935 bis zur Einstellung der Produktion im Jahr 1964 als Wahrzeichen der Vasen und Krüge der Verrerie artistique von Saint-Prex. Dem verwendeten Material, dem grünen Flaschenglas, kommt eine ähnliche Bedeutung zu. Es erinnert an die einfache Verwendung des altehrwürdigen Materials im Sinne des Funktionalismus in Kunst und Design.

Solche kugelförmigen Krüge waren bereits in der Antike und der Renaissance bekannt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts von den Avantgarde-Bewegungen wiederentdeckt, verbreiteten sie sich in den 1920er und 1930er-Jahren in Europa und den Vereinigten Staaten.

Für die Planung der Verrerie artistique setzte die Leitung der Glashütte Saint-Prex auf bekannte Designer. Der Keramiker Paul Ami Bonifas wurde ab 1931 als Mitarbeiter der Glashütte herangezogen. In der ihm gewidmeten Monografie von Edmond Beaujon erinnert sich Bonifas: «Im Hinblick auf den Salon fédéral des Beaux-Arts et des Arts Appliqués, der 1931 in Genf stattfand, baten mich die S.A. des Verreries de Saint-Prex, die Modelle, die sie der Jury vorlegen wollten zu entwerfen und deren Produktion zu begleiten. Zwei Monate lang hatte ich das Glück, mit einem hochqualifizierten Glasbläser aus Norditalien, der seine Ausbildung in Murano absolviert hatte, zusammenzuarbeiten. Unser Material war nichts anderes als gewöhnliches Flaschenglas.»

Die Mitwirkung dieses namenlos gebliebenen italienischen Glasbläsers in Saint-Prex deutet auf einen Beitrag der zeitgenössischen Glaskunst hin. Tatsächlich entwickelte der Architekt Carlo Scarpa (1906-1978), der von 1926 bis 1931 als junger Designer bei der Manufaktur MVM Cappellin in Murano tätig war, Variationen zum Thema der Sphäre: mit Fuss, unterschiedlich langem, ausgestelltem und zylindrischem Hals, oder mit umgeschlagener Lippe als Abschluss der Sphäre.
Die Kreationen aus Murano, die zwischen 1928 und 1931 an Ausstellungen in Paris, Leipzig und Amsterdam zu sehen waren, zeugen vom Reiz der Kugelform und wurden vielerorts aufgenommen. Solche Gestaltungselemente sind auch in den Katalogen von Saint-Prex zu finden.
Auch Bonifas liess sich für seine Keramikarbeiten von dieser perfekten Form inspirieren und verband somit, von ihm geschätzte Aspekte des Designs mit zeitgenössischen Glaskunst.

© Foto: Vitromusée Romont / Yves Eigenmann