Vitromusée Romont
Kelchglas

Kelchglas

Façon de Venise oder Venedig, erste Hälfte 17. Jh.
Farbloses und blaues Glas
H 26,6 cm
Privatsammlung

Gläser, die aus einem Fuss, einem Schaft und einem Kelch zusammengesetzt sind, gab es im 16. Jahrhundert erst ab der zweiten Hälfte. Speziell Ende des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts entstanden viele Objekte, bei denen in manieristischer Art und Weise die Grenzen des Machbaren erprobt und handwerkliche Sonderleistungen gezeigt wurden. Hier ist das am Schaftaufbau abzulesen. Normalerweise bestehen Schäfte aus einem durchgehenden baluster- oder stengelförmigen Element, öfter sind sie auch zusätzlichen mit einem Nodus (Knauf) versehen. Hier ist der Schaft in der zentralen Achse auf halber Höhe unterbrochen, und Unter- und Oberteil werden durch drei Elemente aus gerillten Glasfäden zusammengehalten, die mit je zwei blauen gestempelten Beerennuppen dekoriert sind.

Es ist nicht absolut auszuschliessen, dass das Kelchglas in Venedig hergestellt wurde. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass es nördlich der Alpen entstand, am ehesten wohl im Gebiet der damaligen Niederlande, eventuell auch in Deutschland, jedenfalls in einer Glashütte, die à la Façon de Venise arbeitete. Die Vermutung zur nordalpinen Herkunft ergibt sich aus verschiedenen Indizien: aus Italien scheinen keine entsprechenden Gläser bekannt zu sein, auch keine Fragmente aus Ausgrabungen. Die überlieferten Beispiele befinden sich in nordalpinen Sammlungen, archäologische Funde stammen aus Belgien und Nordost-Frankreich. Auch auf Gemälden kommen Gläser mit ähnlichen Schäften vor; am bekanntesten sind Beispiele des vor allem in Frankfurt tätigen Malers Georg Flegel. Er starb 1638, wodurch für diese Stücke eine Datierungshilfe gegeben ist.

Schauen Sie sich die Filme an, die in der Sektion gezeigt werden, in der Sie sich jetzt befinden. Einer davon wurde speziell hergestellt, um den Entstehungsprozess des hier ausgestellten Stückes zu zeigen. Wir danken Bill Gudenrath und dem Corning Museum of Glass, dass wir den Film hier zeigen können.

© Foto: Vitromusée Romont / FotoArt, Bernhard Schrofer, Lyss