
Deckelhumpen
Köln-Ehrenfeld, Rheinische Glashütten-Actien Gesellschaft, spätes 19. Jh.
Grünes Glas, Metallringe
H 23,1 cm (mit Deckel)
Vitromusée Romont, VMR VO 163
Dieser Humpen ist ein typisches Beispiel für ein historistisches Objekt aus dem späten 19. Jahrhundert. Damals fand eine Erneuerung der kunsthandwerklichen Arbeit statt, unter anderem mit dem Ziel, der mit der Industrialisierung aufkommenden Massenproduktion etwas entgegenzusetzen. Dabei orientierte man sich meist an Objekten aus früheren Jahrhunderten, schuf aber Werke, aus denen durchaus der Anspruch abzulesen ist, auf hohem handwerklichem Niveau Eigenständiges zu schaffen.
Das vorliegende Exemplar nimmt weitgehend Elemente auf, die sich bei Stücken aus archäologischen Grabungen nachweisen lassen, die im 16. Jahrhundert entstanden sind. Es stammt aus der Rheinischen Glashütte in Köln-Ehrenfeld und wird in deren Preis-Courants von 1881 und 1886 unter den Gläsern « in altdeutschem Style » angeboten.
Nach einer turbulenten Geschichte mit etlichen Besitzerwechseln erhielt die seit 1865 bestehende Glashütte in Ehrenfeld, einem heute zu Köln gehörenden Stadtteil, im Jahre 1872 den Namen ‹Rheinische Glashütten-Actien-Gesellschaft›. Hergestellt wurde dort vor allem Industrie- und Pressglas. Oskar Rauter, der damalige technische und kaufmännische Leiter, gründete nach wirtschaftlich schwierigen Zeiten im Jahre 1879 zusätzlich eine ‹Abtheilung für Kunsterzeugnisse›. Er besuchte in ganz Europa viele Kunstgewerbemuseen, um römische, venezianische und altdeutsche Originale zu studieren und in Skizzenbüchern festzuhalten. Diese Unterlagen dienten zur Ausarbeitung von Entwürfen, die meist auch einen Anteil Neuinterpretation enthielten. 1881 und 1886 erschienen die ‹Preis-Courants› der ‹Abtheilung für Kunst-Erzeugnisse›. In beiden finden sich Zeichnungen und Beschreibungen des ausgestellten Humpens. Das Glas wird als «Ring-Humpen mit Deckel, mit 30 Oesen-Nuppen und Metallringen und mit gezwacktem Fussrand, antikgrün» bezeichnet, danach wird noch darauf verwiesen, dass der Typus mehrfach von altdeutschen Gläsern bekannt sei, welche aber in der Regel keine Deckel hätten. Oskar Rauters gute Materialkenntnis wird dadurch bestätigt, dass diese Beobachtung bis heute Bestand hat.